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Söhne großziehen als Feministin

Ein Streitgespräch mit mir selbst | Shila Behjat

E-Book
2024 Carl Hanser Verlag Gmbh & Co. Kg
Auflage: 1. Auflage
207 Seiten
ISBN: 978-3-446-28028-1

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Kurztext / Annotation
Lässt sich Feminismus mit der Erziehung von Söhnen vereinen? 'Ein wichtiges Buch, das wir jetzt brauchen. Weil es ein Türöffner ist.' Mithu Sanyal
Ihren Feminismus hat Shila Behjat durch unzählige Erfahrungen erlernt und sie kämpft für eine Welt, in der Männer nicht länger das Maß aller Dinge sind. Nun ist sie Mutter zweier Söhne - die im Alltag so manches Rollenmuster ins Wanken bringen. Persönlich und ungemein berührend erzählt Behjat anhand ganz alltäglicher Situationen, wie das Leben mit zwei heranwachsenden Jungs ihre feministische Haltung verändert hat - und verortet ihre Erfahrungen und Gedanken in den Debatten unserer Zeit. Auf diese Weise stellt sie sich lange vernachlässigten Fragen der Gleichberechtigung, die nicht nur Eltern, sondern die Gesellschaft als Ganze angehen. Ein konstruktives, selbstkritisches und sehr bewegendes Debüt, das zeigt: Es ist Zeit für ein Streitgespräch - mit uns selbst!

Shila Behjat, 1982 geboren, ist Journalistin und Publizistin mit deutschiranischen Wurzeln. Sie studierte Jura in Hamburg und Paris, war Korrespondentin in London, lebte als freie Journalistin in Indien und berichtete für das Frauenportal Aufeminin.com über Gleichstellung in der EU. Als Kulturredakteurin bei ARTE verantwortet sie nun Dokumentationen und neue Formate. Sie moderiert regelmäßig vor der Kamera und auf Veranstaltungen. Mit ihrer Familie lebt sie in Berlin.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Feminismus - und jetzt?
Feminismus als System

Denn die Forderungen nach Gleichheit für Frauen und nach Gleichheit unter Frauen sind noch immer zwei vollkommen unterschiedliche Dinge. Ja es ist sogar möglich, die Männer dafür zu verurteilen, dass sie Frauen nur eine »weibliche« Sicht auf die Welt zutrauen und keine allgemeingültige - und im selben Atemzug Frauen wie mir absprechen, für den Feminismus als Ganzes sprechen zu können.

»History is a weapon«, überschrieb Audre Lorde 1979 einen Brief, den sie, weil er vier Monate unbeantwortet geblieben war, »der Gemeinschaft der Frauen« öffnete und ihn unter anderem in ihrem Buch Sister Outsider veröffentlichte.7 Adressiert hatte Lorde das Schreiben an die Feministin Mary Daly, eine lesbische katholische Theologin und Philosophin, die die feministische Community gerade mit ihrem Buch Gyn/Ecology begeistert hatte. Sie wolle, so Lorde, mit ihrem Brief Gedanken formulieren, die sie dazu mit sich herumgetragen habe, »in der Hoffnung, die Früchte meiner Einsichten mit dir teilen zu können, so wie du die Früchte deiner mit mir geteilt hast«. In Dalys Ausführungen vermisse sie die Schwarze Perspektive, in der Auflistung weiblicher Gottheiten sei nicht eine afrikanische zu finden. Schwarze Frauen kämen allein vor, wenn es darum gehe, Genitalverstümmelung zu thematisieren. »Unsere schwarzen Urmütter zu verleugnen bedeutet, zu verleugnen, wo europäische Frauen gelernt haben zu lieben. Als eine afrikanisch-amerikanische Frau im weißen Patriarchat bin ich es zwar gewohnt, dass meine archetypische Vergangenheit verfälscht und trivialisiert wird, aber es ist furchtbar schmerzhaft, zu merken, dass es von einer Frau getan wird, deren Wissen so sehr dem meinen ähnelt.« Die Unterdrückung der Frau, so Lorde, kenne keine ethnischen oder »rassischen« Grenzen, das sei richtig, aber heiße im Umkehrschluss nicht, dass die Unterdrückung im Rahmen dieser konstruierten Unterschiede nicht verschieden sei. Dies zu übergehen bedeute, die Gemeinsamkeiten ebenso zu verfälschen wie die Unterschiede. Und das führe dazu, dass »hinter der Schwesternschaft noch immer der Rassismus bleibt«.

Obwohl mich die Entrüstung über die Gewalt gegen, die Gängelung und Unterdrückung von Frauen mit anderen verband, unterschied sich mein Kampf dagegen von vielen, vor allem einer weißen, westlich-christlich angehörigen Mehrheit von Frauen. Eine weibliche Person mit meinem Namen, meiner Herkunft und meiner Religionszugehörigkeit fächerte viel mehr auf, ich bot schlicht viel mehr Angriffsfläche, diskriminiert zu werden. Das war es, was uns trennte, warum als deutsch gelesene Frauen meinen Kampf nie ganz begreifen, meine Wut nie ganz nachvollziehen, meine Anstrengung nicht verstehen konnten, weil es für sie, obwohl sie Frauen waren, etliche Situationen gab, in denen ihre Bestimmung, Verortung und Validierung einfach nicht infrage gestellt wurden. Zum Beispiel bei der einfachen Angelegenheit, beim Namen genannt zu werden. Meiner dagegen galt immer wieder als »zu kompliziert«, in einem beruflichen Videocall wurde ich einmal einfach so vom Leiter einer führenden deutschen Stiftung durchweg »Frau Shila« genannt. Wo da anfangen, frage ich mich. Oder die »Freundin«, die auf dem Schulhof ebenfalls Schwierigkeiten mit meinem Namen hatte, dieses Mal jedoch mit dem Vornamen, und die mich kurzerhand Rebecca nannte, mein zweiter, völlig unbenutzter, mir fremder Vorname. »Shila klingt irgendwie komisch.« Kicher.

In derartigen Episoden meines Lebens zeigte sich mir mit erschütternder Klarheit, wie Unterdrückung aussieht - wie Dominanz ausgespielt wird. Der ur-feministische Anlass für Widerstand also. An meinem Leben könnten viele, um nicht zu sagen, genau sie, die sich diesem Widerstand gegen Unterdrückung verschrieben haben, plakativ sehen und aufzeigen, wie un