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Gute Gründe für schlechte GefühleOverlay E-Book Reader

Gute Gründe für schlechte Gefühle

Evolutionäre Psychiatrie – ein neuer Blick auf negative Stimmungen und psychische Beschwerden | Randolph M. Nesse

E-Book
2024 Kösel-verlag
464 Seiten
ISBN: 978-3-641-31387-6

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Kurztext / Annotation
»Ein neuer Zugang: Nesse zeigt, dass Angststörungen oder Depression klar einen evolutionären Ursprung haben ... Dieses fesselnde Buch stellt Menschheitsfragen vom Kopf auf die Füße.« The Observer
Dieses psychologische Sachbuch bietet eine faszinierende neue Perspektive auf negative Emotionen. Fundiert und anhand zahlreicher Fallbeispiele aus seiner mehr als vierzigjährigen Praxis zeigt Randolph M. Nesse, dass die eigentlichen Gründe für Angststörungen, Depressionen, Suchterkrankungen etc. keine Abweichungen von der Normalität darstellen, sondern in den evolutionär geprägten Eigenschaften unseres Gehirns liegen. Gerade die jahrtausendealten Entwicklungen, die uns zu sozialem Handeln und kognitiven Leistungen befähigen, sind auch dafür verantwortlich, dass wir unter schlechten Gefühlen wie Angst, Scham, Wut und Niedergeschlagenheit leiden. Nesse macht Zusammenhänge und Hintergründe verständlich, entlastet Betroffene davon, sich schuldig zu fühlen, und zeigt neue Wege im Umgang mit psychischen Beschwerden auf.

»Lebensziele aufgeben kann der Schlüssel zum Überwinden einer Depression sein, sagt Randolph Nesse. Die Evolutionstheorie hat ihn zu einem besseren Therapeuten gemacht.« Zeit online / Jakob Simmank

»Ein Muss: Randolph Nesse lehrt uns, warum die Evolution uns mit ?schlechten Gefühlen? ausgestattet hat. Dies kann uns dabei helfen, manche psychische Krankheiten nicht nur besser zu verstehen, sondern auch besser zu behandeln.« Prof. Dr. med. Martin Brüne, Leiter der Forschungsabteilung Soziale Neuropsychiatrie und Evolutionäre Medizin Bochum

Randolph M. Nesse, MD, zählt zu den renommiertesten Evolutionswissenschaftlern und ist einer der Begründer der Evolutionsmedizin. Der zertifizierte Psychiater und Fellow der American Psychiatric Asscociation hat in mehr als 40 Jahren als Professor für Psychiatrie und Psychologie unzählige Patienten behandelt und Therapeuten ausgebildet. Als Forschungsprofessor an der University of Michigan baute er eine der ersten auf Angststörungen spezialisierten Kliniken der Welt auf. 2014 wurde er der Gründungsdirektor des Center for Evolution and Medicine der Arizona State University, wo er außerdem einen Lehrstuhl an der School of Life Sciences hat. Nesse verbrachte ein Jahr am Wissenschaftskolleg zu Berlin, um die Evolution der Depression zu ergründen. Seine wissenschaftlichen Artikel und sein Buch »Warum wir krank werden« haben unseren Blick auf Krankheiten grundlegend verändert.



Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

1. Kapitel

EINE NEUE FRAGE

»Wenn ich eine Stunde hätte, um ein Problem zu lösen, und mein Leben hinge davon ab, dann würde ich die ersten fünfundfünfzig Minuten darauf verwenden, zu überlegen, wie die eigentliche Frage lautet, denn wenn ich die eigentliche Frage kenne, kann ich das Problem in weniger als fünf Minuten lösen.«

Albert Einstein zugeschrieben

Ich wusste, dass irgendwas im Busch war, als einer der Assistenzärzte fünf Minuten vor meinem Termin mit ihm und seiner neuen Patientin an meine Bürotür in der Psychiatrieabteilung klopfte.

»Ich wollte Sie nur vorwarnen«, sagte er. »Diese Frau verlangt Antworten.«

»Auf welche Fragen?«, entgegnete ich.

»Sie will wissen, warum ihr alle, bei denen sie bisher Hilfe gesucht hat, unterschiedliche Erklärungen und Ratschläge geben. Sie ist ohnehin skeptisch, was die 'Seelenklempnerei' betrifft, wie sie es ausdrückt. Sie ist um fünf Uhr morgens aufgestanden, um aus irgendeiner entlegenen Gegend hierherzufahren und Antworten von den großen Zampanos an der großen Uni zu erhalten.« Er bezog sich, mit einem süffisanten Lächeln, auf unsere prestigeträchtige Universitätsklinik und mich. Ich bat ihn um eine Zusammenfassung des Falls.

»Sie ist fünfunddreißig Jahre alt, Mutter von drei Grundschulkindern, ihre Hauptbeschwerde seit dem vergangenen Jahr ist die wachsende Sorge um nahezu alles in ihrem Leben - ihre Gesundheit, ihre Sprösslinge, die Wirtschaft, Autofahren, was auch immer. Sie hat oft ein flaues Gefühl im Magen und leidet ein- oder zweimal im Monat unter Übelkeit, das ist jedoch nicht mit einem Gewichtsverlust verbunden. Sie ist nach eigenen Angaben gereizt und erschöpft, leidet unter Einschlafstörungen. Sie hat das Interesse an Aktivitäten, die ihr vorher Spaß machten, verloren, ist aber nicht suizidgefährdet und weist auch keine anderen Symptome auf, die auf eine schwere Depression hindeuten könnten. Angst scheint bei ihr in der Familie zu liegen, aber nichts Dramatisches. Ihr Hausarzt konnte keine medizinischen Ursachen feststellen. Ich denke, es handelt sich um eine generalisierte Angststörung, aber es könnte sich auch um eine Dysthymie, eine chronisch depressive Verstimmung, oder aufgrund der Beschwerden, die sich äußern, aber einer gründlichen Diagnose entziehen, um eine Somatisierungsstörung handeln.«

Als wir uns zu Frau A. ins Untersuchungszimmer begaben, begrüßte sie uns freundlich. Als ich mich erkundigte, was wir für sie tun könnten, nahm ihre Stimme einen scharfen Tonfall an.

»Ich gehe davon aus, dass der junge Mann Sie bereits von meinen Problemen in Kenntnis gesetzt hat. Ich bin fünf Stunden mit dem Auto hierhergefahren, um einige Antworten zu erhalten.«

»Soweit ich informiert bin, hatten Sie Probleme, Hilfe zu finden«, erwiderte ich in dem Bemühen, einfühlsam zu sein. Ihre Reaktion kam so prompt, als hätte ich auf die Abspieltaste eines Gerätes gedrückt.

»So ist es, und nicht nur das: Ich habe von allen, die ich aufgesucht habe, eine andere Erklärung erhalten, angefangen bei unserem Pastor. Er ist ein netter Mann und war durchaus mitfühlend, aber er schlug mir unterm Strich vor, zu beten und Gottes Plan für mich zu akzeptieren. Ich habe es versucht, aber ich schätze, mein Glaube ist nicht stark genug. Dann habe ich mit meinem Hausarzt geredet. Er hat mich nicht einmal untersucht, sondern nur gesagt, es wären die Nerven, ich würde mir zu viele Sorgen machen. Pillen, um runterzukommen, würden nur süchtig machen, deshalb hat er mir ein Medikament gegen meine Magenbeschwerden verordnet, aber geholfen hat es nicht. Er hat mich zu einem Therapeuten geschickt, zu dem ich zweimal in der Woche kommen sollte, aber das konnte ich mir finanziell nicht leisten. Er hat kaum geredet, und wenn doch, hat er mir endlos Fragen über meine Kindheit gestellt und Andeutungen gemacht, da wäre irgendeine sexuelle Sache mit meinem Vater gelaufen, was definiti