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Homo ex machina

Der Mensch von morgen - Ein differenzierter Blick auf den Transhumanismus | Bernd Kleine-Gunk; Stefan Lorenz Sorgner

E-Book
2023 Goldmann Verlag
448 Seiten; ca. 8 Seiten farbiger Bildteil
ISBN: 978-3-641-28981-2

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Kurztext / Annotation
Herzschrittmacher, Prothesen zum Laufen, Stammzellenforschung, lebensverlängernde Medizin: Was sich für uns normal anhört, sind tatsächlich Errungenschaften, die unter dem Begriff Transhumanismus zusammengefasst werden. Dieser geht davon aus, dass die nächste Evolutionsstufe der Menschheit durch die die Nutzung moderner Technologie und Forschung erreicht wird. Doch für viele stellt das ein gefährliches Unterfangen dar, das Ängste vor einer Entmenschlichung, der Cyborgisierung des Menschen, ethisch fragwürdigen Genversuchen und staatlicher Eugenik schürt. Besonders in Deutschland sind die transhumanistischen Visionen umstritten. Gleichzeitig nutzen wir schon viele dieser Entwicklungen. Der Mediziner Prof. Bernd Kleine-Gunk und der Ethiker Prof. Stefan Lorenz Sorgner möchten endlich aufklären. Sie stellen die gesellschaftlich relevanten Thesen und Disziplinen der transhumanistischen Bewegung vor, gehen auf ihre Geschichte ein und diskutieren kritisch ihre Chancen und Risiken. So erklären sie beispielsweise, warum es unrealistisch ist, dass wir in 20 Jahren unsere Persönlichkeit digitalisieren können, und die modernen Technologien nicht die Grenze des natürlichen Menschseins überschreiten, sondern vielmehr auf persönlichen Wunsch die Lebensqualität verbessern können. Nicht zuletzt heben sie die Verantwortung von Politik und Gesellschaft hervor und plädieren dafür, den transhumanistischen Fortschritt weder zu verteufeln, noch ihn unreflektiert einfach zu bejahen.

Bernd Kleine-Gunk ist Medizinprofessor und gilt als Deutschlands führender Anti-Aging-Experte. Er ist Präsident der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Anti-Aging-Medizin (GSAAM) und hat zu diesem Thema zahlreiche wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Artikel und Bücher veröffentlicht, darunter »Auf der Suche nach Unsterblichkeit« (2010) und »15 Jahre länger leben« (2017). Professor Kleine-Gunk hält weltweit Vorträge zum Thema Anti-Aging und arbeitet in diesem Bereich für zahlreiche Firmen und Institutionen als Consultant.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Dialog: Transhumanismus - Wie alles anfing

BKG: Fangen wir gleich einmal bei unserem gemeinsamen philosophischen Hausgott an. Ist Friedrich Nietzsche tatsächlich der geistige Ahnherr des Transhumanismus? Verkörpert sein Konzept des »Übermenschen« im 19. Jahrhundert bereits das, was die Silicon-Valley-Elite jetzt im 21. Jahrhundert durchsetzen will? Du hast ja sogar ein Buch mit einem »Plädoyer für den Nietzscheanischen Transhumanismus« geschrieben.

SLS: Über die Frage, ob Nietzsche der Vater des Transhumanismus ist, wird heftig gestritten. Diese Debatte wurde durch einen Vortrag von mir ausgelöst, der auf einer Veranstaltung, auf der auch Nick Bostrom und Julian Savulescu zugegen waren, gehalten wurde und sehr kontroverse Diskussionen hervorgerufen hat, nachdem er unter dem Titel »Nietzsche, the Overhuman, and Transhumanism« 2009 publiziert wurde. Mittlerweile ist dieser Vortrag einer der meistzitierten Artikel zu Nietzsche überhaupt. Darauf haben Transhumanisten sehr unterschiedlich reagiert. Auf der einen Seite ist da zum Beispiel Max More, der meine These unterstrichen hat, dass Nietzsche eine wesentliche Vorläuferrolle zukommt. Er selbst wurde stark durch Nietzsche beeinflusst. Dem gegenüber stehen die Aussagen von Nick Bostrom, der die Ahnherrschaft von Nietzsche bestreitet. Ich vermute allerdings, dass in diesem Zusammenhang eher politische Interessen eine gewisse Rolle spielen. Man will nicht mit den ganzen Konnotationen, die mit Nietzsches Denken einhergehen, identifiziert werden. Bostrom versucht sozusagen, den Transhumanismus vor den gefährlichen Ressentiments zu retten, die mit dem Namen Nietzsche verbunden sind.

BKG: Sicherlich gibt es immer noch diese Vorbehalte gegen Nietzsche, weil er ja sozusagen posthum von den Nazis für ihre Vorstellungen vereinnahmt wurde. Obwohl es sicherlich keinen deutschen Philosophen gibt, der sich derart dezidiert von dumpfem Nationalismus und Antisemitismus abgegrenzt hat. Ich würde aber gern noch einen anderen Aspekt diskutieren. Transhumanisten ist ja vor allen Dingen die Weiterentwicklung des Menschen durch Technik wichtig. Und da fällt auf: Nietzsche hat in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts geschrieben. Das war ja in Deutschland die Hoch-Zeit der Industriellen Revolution. Nietzsche hat sich aber für den technologischen Fortschritt in Deutschland bemerkenswert wenig interessiert. Da standen ihm die griechischen Vorsokratiker doch viel näher als die deutschen Industriebarone.

SLS: Da muss ich dir natürlich recht geben. Aber die Frage ist, wie weit man den Technikbegriff fasst. Die entscheidende Frage ist: Ist Erziehung nicht auch schon eine Technik? Man könnte ja genauso von Folgendem ausgehen: Im Prinzip sind die neuesten Möglichkeiten der gentechnischen Veränderung des eigenen Nachwuchses nur eine Erweiterung des traditionellen Erziehungsbegriffs. Ursprünglich haben Eltern ihren Nachwuchs über Erziehung ausgeformt. Diese Möglichkeit der Gestaltung des Nachwuchses und der Erhöhung der Wahrscheinlichkeit, dass der Nachwuchs ein gutes Leben führt, wird nun durch die Möglichkeiten der Gentechnik erweitert. Das ist durchaus eine Überlegung, die innerhalb der Debatten zur Gentechnik eine Rolle spielt. Dass Erziehung also eine gewisse Anthropotechnik darstellt, ist durchaus naheliegend. Und Erziehung war bei Nietzsche ein wichtiger Vorgang, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass der Übermensch entstehen kann.

BKG: Aber das beginnt doch nicht erst bei Nietzsche. Das ist ja eigentlich das klassische humanistische Menschenideal: die Weiterentwicklung des Menschen durch Erziehung und Bildung. Dazu brauchen wir doch nicht unbedingt den Transhumanismus.

SLS: