Buchhandlung Herder

Suche

Fabelhafte RebellenOverlay E-Book Reader

Fabelhafte Rebellen

Die frühen Romantiker und die Erfindung des Ich | Andrea Wulf

E-Book
2022 C.bertelsmann Verlag
528 Seiten; Mit 30 farbigen Abbildungen und 2 Karten
ISBN: 978-3-641-25252-6

Rezension verfassen

€ 22,99

in den Warenkorb
  • EPUB sofort downloaden
    Downloads sind nur in Österreich möglich!
  • Als Hardcover erhältlich
  • Als Taschenbuch erhältlich
  • Als Audio erhältlich
Kurztext / Annotation
Der neue Bestseller von Andrea Wulf - »?Fabelhafte Rebellen?« ist eine Möglichkeit, die deutsche Geistesgeschichte zum Tanzen zu bringen, sie für sich persönlich zu entdecken und unglaublich viel für das eigene Leben zu lernen.« Denis Scheck
Seit wann genau kreist unser Denken und Handeln um uns selbst, um unser Ich? Seit wann erwarten wir, dass wir allein über unser Leben bestimmen?

Ende der 1790er Jahre - als die meisten Staaten in Europa noch im eisernen Griff absolutistischer Herrscher waren - galt die Idee vom freien Individuum als brandgefährlich. Und doch wagte zu dieser Zeit eine Gruppe von Denkern in der kleinen Universitätsstadt Jena, das Ich in den Mittelpunkt ihres Denkens, Schreibens und Lebens zu stellen. Zu diesen fabelhaften Rebellen gehörten die Dichter Goethe, Schiller und Novalis, die Philosophen Fichte, Schelling und Hegel, die genialen Schlegel-Brüder sowie der junge Wissenschaftler Alexander von Humboldt und ihre Muse, die mutige und freigeistige Caroline Schlegel.

Während die Französische Revolution die politische Landschaft Europas veränderte, entfachten diese jungen Romantiker in Jena eine Revolution des Geistes. Ihr Leben bewegte sich zwischen wortreichen Auseinandersetzungen, aufsehenerregenden Skandalen, leidenschaftlichen Liebesaffären und vor allem radikalen Ideen. Ihre Gedanken über die kreative Macht des Ich, den Anspruch von Kunst und Wissenschaft, die Einheit von Mensch und Natur und die wahre Bedeutung von Freiheit sollten nicht nur das Werk vieler Maler, Dichter und Musiker beeinflussen, sondern prägend werden für unser Naturverständnis, unsere Gesellschaftsentwürfe und unsere Sehnsucht nach einem selbstbestimmten Leben.

In ihrem inspirierenden Buch erzählt Bestsellerautorin Andrea Wulf deswegen nicht nur von dem wohl turbulentesten Freundeskreis der deutschen Geistesgeschichte, sondern erklärt auch, warum wir bis heute zwischen den Gefahren der starken Ichbezogenheit und den aufregenden Möglichkeiten des freien Willens schwanken. Denn die Entscheidung zwischen persönlicher Erfüllung und zerstörerischem Egoismus, zwischen den Rechten des Einzelnen und unserer Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft und künftigen Generationen ist heute so schwierig wie damals.

Andrea Wulf, geboren in Indien und aufgewachsen in Deutschland, lebt in London. Als Autorin wurde sie mit einer Vielzahl internationaler Preise ausgezeichnet, vor allem für ihren Weltbestseller »Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur« (2016), der in 27 Sprachen übersetzt wurde und 2016 den Bayerischen Buchpreis bekam. Auch »Fabelhafte Rebellen (2022, Verfilmung ist geplant) wurde ein internationaler Bestsellererfolg. Auf Deutsch sind von ihr außerdem erschienen »Die Vermessung des Himmels. Vom größten Wissenschaftsabenteuer des 18. Jahrhunderts« (2012/2017) und »Die Abenteuer des Alexander von Humboldt. Eine Entdeckungsreise« (2019). Andrea Wulf schreibt u.a. für die New York Times, die LA Times, das Wall Street Journal, The Atlantic und den Guardian. Sie ist Mitglied des PEN American Center und ein Fellow der Royal Society of Literature. www.andreawulf.com



Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Prolog

Mein ganzes Leben lang habe ich die Dinge falsch herum gemacht. Vielleicht habe ich aber auch alles richtig gemacht. Oder ich habe einfach nur den unkonventionellen Weg genommen. Aus Protest gegen meine klugen, liberalen, liebevollen und akademischen Eltern habe ich mich jedenfalls geweigert zu studieren und stattdessen in Restaurants und Bars gearbeitet. Das hieß aber nicht, dass ich mich nicht weiterbildete. Ich habe gelesen. Vor allem Belletristik und Philosophie. Ich war eine unersättliche Leserin, aber ich wollte selbst entscheiden, was ich las, und keinem universitären Lehrplan folgen. Ich habe auch eine Lehre als Malerin und Dekorateurin begonnen, war Museumsführerin und habe ein Praktikum am Theater gemacht. Mit dem unerträglichen Selbstbewusstsein jugendlicher Selbstsucht sah ich die Welt nur aus meiner eigenen - zugegebenermaßen engen - Perspektive.

Was war falsch daran, den ganzen Tag zu lesen? Meine Meinung zu ändern? Die ganze Nacht zu tanzen? Ich war schnell verliebt und genauso schnell wieder entliebt. Mit zweiundzwanzig Jahren bekam ich eine Tochter. Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich vielleicht nicht ewig in Restaurants und Bars arbeiten konnte, und ich fing an zu studieren. Spaß machten mir allerdings nur die Philosophieseminare. Sie waren wie ein Strudel, der mich in eine berauschende Welt des Denkens hineinzog. Mir war, als hätte ich die Antworten auf die grundlegenden Fragen des Lebens entdeckt: Was ist das Böse? Was heißt es, gut zu sein? Wer sind wir? Warum sind wir? Heute, dreißig Jahre später, kann ich mich kaum noch daran erinnern, was ich gelesen habe, aber die Bücher und die Diskussionen mit meinen Professoren und Kommilitonen gaben mir das Rüstzeug zum Denken und Hinterfragen. Und ich fing an, Geschichte nicht mehr als eine Abfolge von Ereignissen und Daten zu sehen, die wie Perlen an einer Schnur aufgereiht sind, sondern als ein zusammenhängendes Netz. Ich begann, die Gegenwart aus der Perspektive der Vergangenheit zu betrachten.

Ich nahm das Leben jetzt etwas ernster, traf aber weiterhin impulsive Entscheidungen. Ich fühlte mich frei und war fest entschlossen, mein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Vielleicht waren einige meiner Entscheidungen leichtsinnig, aber es waren eben meine Entscheidungen - zumindest dachte ich das. Heute weiß ich natürlich, dass ich mich nur deshalb so verhalten konnte, weil ich wusste, dass ich, wenn alles schiefging, immer an die Tür meiner Eltern klopfen konnte.

Schließlich hatten meine Eltern mir beigebracht, meinen Träumen zu folgen. Wie sie selbst, als sie in den 1960ern von Deutschland nach Indien zogen, um dort für den Deutschen Entwicklungsdienst zu arbeiten. Hatte die Kindheit meiner Eltern in den Luftschutzkellern des Zweiten Weltkriegs begonnen, so war meine Kindheit von den knalligen Farben Indiens geprägt. Als sie 1966 ein Flugzeug bestiegen, ließen sie ein sicheres Leben zurück. Meine Mutter gab ihren Job als Sekretärin auf und mein Vater seine Arbeit in einer Provinzbank. Sie kehrten mit zwei kleinen Kindern zurück und fingen neu an. Beide waren zu diesem Zeitpunkt Anfang dreißig und besuchten - als Erste in ihren Familien - eine Universität. Meine Mutter wurde Lehrerin und mein Vater ein renommierter Akademiker in der Friedens- und Konfliktforschung.

Als meine Tochter sechs Jahre alt war, zogen wir von Deutschland nach England. Das war eine spontane Entscheidung. Ich brach mein Studium ab, verkaufte meine wenigen Besitztümer und ging nach London. Ich war eine alleinerziehende Mutter mit einer halb abgeschlossenen Ausbildung, einem Koffer voller Bücher, ohne Einkommen und mit einem scheinbar unerschöpflichen Vorrat an Selbstvertrauen. Ich zog zu einer Freundin (der besten Art von Freundin), bewarb mich um ein Stipendium und begann (und beendete) einen neuen Masterstudiengang in London. Ich habe hart gearbeitet. Ich hatte meine Zweifel, ich machte mir Sorgen, und w