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Miss Dior

Eine Geschichte von Courage und Couture | Justine Picardie

E-Book
2022 Aufbau Digital; Faber & Faber, London
Auflage: 1. Auflage
400 Seiten
ISBN: 978-3-8412-2957-1

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€ 17,99

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Kurztext / Annotation

Das bewegende Schicksal der Catherine Dior: Widerstandskämpferin, Modeberaterin und Rosenzüchterin.

Als der französische Designer Christian Dior 1947 in Paris seine erste Kollektion präsentiert, revolutioniert er die Modewelt. Seine Kreationen vereinen Romantik, Weiblichkeit und Luxus und machen ihn über Nacht weltberühmt. Diors Schwester Catherine prägte seine Vision dabei mehr als jede andere - das Parfüm Miss Dior hat er nach ihr benannt. Doch ihre bewegende Geschichte wurde noch nie erzählt: Im besetzten Frankreich, als Christian seine Couture-Fähigkeiten verfeinerte, widmete sich Catherine dem Widerstand und wurde von der Gestapo verhaftet und nach Ravensbrück verschleppt ...

Justine Picardie war in zahlreichen Archiven und reiste zu den wichtigsten Orten in Catherines Leben. Sie zeichnet das Bild einer unerschrockenen Frau und zwei mutigen Geschwistern, die schließlich in Paris wieder zusammen fanden und die Modewelt für immer veränderten.



Justine Picardie ist die ehemalige Chefredakteurin der britischen Ausgabe von »Harper's Bazaar«. Sie war auch als Feuilleton-Redakteurin der britischen »Vogue« und als Redakteurin des »Observer Magazine« tätig. Sie ist Autorin mehrerer Bücher, darunter der von der Kritik gefeierten Biographie von Coco Chanel, die zum Bestseller der »Sunday Times« wurde. Justine Picardie lebt in London. Helmut Ettinger ist Dolmetscher und Übersetzer für Russisch, Englisch und Chinesisch. Er übersetzte Ilja Ilf und Jewgeni Petrow, Polina Daschkowa, Gusel Jachina, Michail Gorbatschow, Henry Kissinger und viele andere ins Deutsche.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

2

Ein Irrgarten

Catherine Dior 1947 im Alter von 30 Jahren.

Sanfter Regen fällt auf die Sommerrosen, die im Garten von Les Rhumbs blühen. Von See her kommt Nebel auf, der die Umrisse des Hauses verschwimmen lässt. In der großen Villa von Ende des 19. Jahrhunderts hoch über der Stadt Granville in der Normandie mit freiem Blick über den Ärmelkanal verbrachte Christian Dior seine Kindheit. Das ist der Grund, weshalb man dort ein Museum eingerichtet hat, um sein Erbe zu würdigen. Der von seiner Mutter angelegte Garten, der das Haus umgibt, ist heute eine für jedermann offene Parkanlage. An diesem Morgen ist es überraschend still auf dem Gelände, was an dem feuchten Wetter liegen kann. Ein paar Dutzend Besucher sind gekommen, um sich die neue Ausstellung anzusehen, die Fürstin Gracia von Monaco gewidmet ist und Kleider zeigt, die Christian Dior für sie entworfen hat.

Soeben bin ich durch die Ausstellung geführt worden. Jede Abteilung nimmt einen Raum ein, den Familie Dior im frühen 20. Jahrhundert bewohnt hat. Dabei vermischen sich in meinem Kopf die Zeiten auf wundersame Weise: Während ich Fürstin Gracias Outfits aus den 1950er Jahren bewundere und sie in den Roben, die jetzt leblos in Glasvitrinen stehen, durch Filmausschnitte gleiten sehe, suche ich in den Mauern des Gebäudes nach Spuren von Catherine Dior. Auf den Bildschirmen schreitet die tote Fürstin durch ihren Palast in Monaco und lockt mich in ihr vergangenes Leben wie in ein Gruselmärchen. Aber ich will mich nicht verführen lassen - weder von ihrer gespenstischen Präsenz, noch von ihren Hinterlassenschaften in Samt und Seide.

Vielmehr hoffe ich die so lange zurückliegende Zeit wiederzuentdecken, da Catherine ein Kind war. Doch ich spüre nichts von ihrer Anwesenheit, nicht einmal in dem kleinen Zimmer, das ihr gehörte und wo ein kurzer Text ihre Rolle in Christian Diors Lebensgeschichte so erklärt:

Catherine war Christians Lieblingsschwester. Als er 1947 sein erstes Parfüm präsentierte, nannte er es ihr zu Ehren Miss Dior und beschrieb es als den »Duft der Liebe«.

Dazu passt, dass ich bei diesem Besuch in Granville dieses Parfüm trage. Nach der Terminologie der Parfümherstellung wird es als »grünes Chypre« klassifiziert, eine Mischung der Duftnoten von Galbanum (einem Pflanzenharz mit unverkennbarem Geruch), Bergamotte, Patchouli und Eichenmoos mit der Wärme von Jasmin und Rose als Herznote. In dem Raum, der einmal Catherines Zimmer war, spüre ich für einen Augenblick diesen einzigartigen Duft. Er geht nicht von mir selbst aus, sondern von einer anderen unsichtbaren Quelle ... Vielleicht von dem riesigen Parfümflakon, das Christian Dior einst Fürstin Gracia schenkte und das draußen auf dem Gang ausgestellt ist?

Keiner der Räume von Les Rhumbs ist heute noch möbliert. Stattdessen stehen dort Schränke und Vitrinen aufgereiht, in denen Artefakte, Zeichnungen und Fotografien präsentiert werden - zur Zeit sämtlich mit Bezug auf Fürstin Gracias Garderobe. Wenn auch manches dieser Objekte schmerzliche Erinnerungen weckt - zum Beispiel das Bild der jungen Grace Kelly in einem himmlischen weißen Kleid auf dem Ball aus Anlass ihrer Verlobung mit Fürst Rainier 1956, da sie nicht ahnen konnte, dass sie nicht mehr lange zu leben hatte - bleibt Les Rhumbs doch der Ort des Gedenkens an eine fernere Vergangenheit. Denn hier haben sich Maurice und Madeleine Dior Anfang des 20. Jahrhunderts niedergelassen und ihre fünf Kinder großgezogen. Sie hatten 1898 geheiratet. Madeleine war damals ein hübsches neunzehnjähriges Mädchen. Maurice Dior, mit sechsundzwanzig bereits ein ehrgeiziger junger Mann, plante, die von seinem Großvater 1832 gegründete Düngemittelfirma zu erweitern. Ab 1905 führten er und sein Cousin Lucien den gutgehenden Betrieb gemeinsam, und dessen Erfolg brachte ihnen gesellschaf